1864-Arkivet

‹ Ét niveau op

Der Dienst ist wirklich Stramm

Wilhelm Gahter, Gefreiter, 4. Garde-Grenadier-Regiments “Königin Augusta” 4. Kompagnie.

Stenderup, den 2. April 1864 Liebe Eltern! Das Paket kam sehr gut an, nur mußte ich es sämtlich gleich im Tornister packen, weil wir am Ostersamstage morgens ½ 5 Uhr ausrückten. An diesem Tage marschierten wir von Vejle nach Christansfeld, wo wir mittags um 4 Uhr ankamen. Sonntags brachen wir um ½ 6 Uhr auf und kamen um ½ 7 Uhr in Feldsted an. Also zwei Marschtage, wo etwas sehr Starkes von uns verlangt wurde und mußte die Sache wohl große Eile haben. Dienstag war Ruhe, und wir marschierten mittwochs bis vor Düppel. Wer hätte es gedacht, daß die Sache sich so schnell änderte und eigentlich nur verschlechtert hätte. Am Donnerstag den 31. März, mittags gegen ein Uhr, standen wir schon in dem äußersten Laufgraben vor dem Feinde und sahen jeden einzelnen Dänen nur klar vor uns, weil wir uns nur 200 Schritt auseinanderstehen. Die Vorposten schießen sich einander nicht, sondern man winkt sich gegenseitig durch Abnehmen der Mützen, Helme haben wir hier nicht auf, auf Vorposten und zeigt sich einander die Flasche und trinkt zusammen. Wie gemütlich dieses auch alles geschieht, so ungemütlich verfahren die Dänen aber auch mit Werfen von Granaten. Jeden Augenblick braust so’n Ding durch die Luft und explodiert mit furchtbarem Knall und zerstreut nach allen Richtungen die Eisenstücke. Ich darf aufrichtig gestehen, daß vor so einem Schuß ein Diener gemacht wird, wo sich alle Umstehenden, in deren Richtung sie heranbraust bis auf die Erde herunterbücken. Man wirft sogar mit 84pfündern. Unsere Geschütze schweigen indessen auch nicht und hat man daher einen ununterbrochenen Kanonendonner. Die Pioniere und Artillerie haben hier tiefe Laufgräben ausgeworfen, in denen man geschützt vorgehen kann bis ganz in der Nähe der feindlichen Schanzen. Außerdem hat man noch 15 Batterien erbaut und bereits aufgefahren, welche heute morgen um ½ 9 Uhr zugleich das Feuer eröffnen werden. Düppel wird als ein schwieriger Punkt betrachtet und wird’s hier auch noch viele Späne geben, ehe wir uns im Besitze der Werke befinden. Am Tage streifen immer eine ganze Partie Kriegsschiffe bis in der Nähe von Düppel um Alsen herum. Vorgestern zählte ich derselben 15. Dieselben lauern gewiß, bis wir einen Angriff machen, wo sie uns dann von der Seite ihre Kugeln schon zuschicken werden. Man beabsichtigt jetzt, einen Übergang nach Alsen zu machen und von dort anzugreifen, und zu gleicher Zeit soll dann auch hier angegriffen werden. Wenn man den Kram so recht betrachtet, so findet manch einer die Sache für sehr stickig und wir untereinander trösten uns schon mit der einzigen Hoffnung: Wer Glück hat, kommt davon! Der Dienst ist wirklich stramm und muß man hier nach den höheren Befehlen drei Tage draußen bleiben. Mittwoch lag unsere Kompanie 24 Stunden im Laufgraben und standen aber die ganze Nacht bis der Morgen anbrach unter Gewehr. Von hier rückten wir im Replies’, auch im Freien. Freitag kamen wir im SoutienS2, wo kleine Holzbuden aufgeschlagen sind. Es regnete jedoch durch das einfache Dach durch, daß alles Stroh feucht und naß war. Von 12 Uhr nachts standen wir wieder unterm Gewehr und rückten vor, da man dachte, der Feind würde einen Ausfall wagen. Dieses geschah nicht. Um 5 Uhr wurden wir diesen Morgen abgelöst und rückten hierher, und mein Erstes ist zu schreiben, da wir ja jede Minute alarmiert werden können. Morgen früh um 5 Uhr rücken wir nun wieder auf 3 Tage auf Vorposten. Nach diesen 3 Tagen sollt en wir etwas länger Ruhe haben. Wenn ich diese Lebensart betrachte, so begreife ich nicht daß wir nicht mehr Kranke haben. Mit feuchten Kleidern umherzustehen und auf nasser Erde seine Glieder auszuruhen und das drei Tage hintereinander und dann zuletzt ein schlechtes Quartier, das zieht doch zuletzt in die Knochen. Bei sehr vielen von uns hat sich das Ungeziefer eingestellt und bei einigen in Massen. Bis jetzt bin ich noch frei davon.

Euer teurer Sohn

Wilhelm